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"Bilder aus der Casa Baldi"
Malerei und Video von Sabine Loos in der Kleinen Galerie am Hügel, Bliesmengen-Bolchen
Das Licht und die Farben – Eine
Ausstellungseinführung von Dr. Sabine Graf
Arkadien kann auch ein Ort des Schreckens sein. ,,..in
questa solitudine...e la cittade oscura",
zitierte Rolf Dieter Brinkmann eine Notiz Ludwig Tiecks
über die Casa Baldi in Olevano.
Das Schöne, der Schrecken, die Einsamkeit – wie
doppelgesichtig jedes dieser Worte sein mag.
Und wie arm derjenige, der jeweils nur die Isolation,
aber nicht die beglückende Ruhe in der
Einsamkeit und nicht das Wohlige im Schrecken zu spüren
vermag. Ungleich reicher,
wer um beides weiß und daraus zu schaffen versteht:
Die Bilder aus der Casa Baldi.
Das Haus über dem Ort, die Casa Baldi, ist seit langem
Wohnung auf Zeit für Künstler aus
Deutschland, die ein Arbeitsstipendium der Deutschen
Akademie in Rom hierher geführt hat.
Sabine Loos lebte im Sommer 1999 für drei Monate
in der Casa Baldi, Außenstelle der
Villa Massimo in Rom.
Gewiss ist dieser – vor hundert Jahren noch von Räubern
heimgesuchte -
Ort auch ein Ort des Zweifels und des Zwielichts gewesen,
doch für sie war er auch der Ort,
an dem sich, ungeachtet der drückenden Hitze des
Sommers, ein Gefühl der Leichtigkeit und
Helle ausbreitete. Eine Serie von Aquarellen und Videostills
nahm diese Empfindung der Land-
schaft in sich auf: Als wohlige Erinnerung, als Prophezeiung
der erfüllenden Fremde sind die
Arbeiten derzeit in der Kleinen Galerie am Hügel
in Bliesmengen-Bolchen zu sehen.
Während in den Videostills sich Lichtsäume
über die Bergwälder schlugen und rosarote
Wolkengebilde ins Licht sich auflösten. Helle und
Dunkelheit gaben einander in den stillgestellten
Videobildern Innigkeit, die sich nur dem sehnenden Blick
des Fremden offenbart:
Er weiß um die Ruhe und Gestimmtheit, welche die
Sinne einnimmt, wenn das Vertraute und
damit Belastete dem Blick entzogen und sich etwas nie
zuvor Gesehenes und damit prinzipiell
Freies dem Auge offenbart.
,,über die Zypressen hoch in der Luft schwebte/ein
leuchtendes
rosa Licht, weiter und weiter/.../weit weg düsterte
Westdeutschland dahin,...",
schrieb Rolf Dieter Brinkmann während seines
Olevano-Aufenthaltes 1972 in seinem
Gedicht ,,Canneloni in Olevano". Jedes einzelne
Blatt der entstandenen Aquarell-Serie
von Sabine Loos ist von diesem Atem des Lichts durchwirkt.
Weit weg sind die pastos ver-
siegelten Farbhügel der Malerei der frühen
neunziger Jahre, die bezeichnende Titel wie ,,Igel"
oder ,,Kokon" trugen. Die Hüllen sind abgestreift
und die Bilder mehr noch als auf den Video-
tapes der jüngeren Zeit in Bewegung geraten: Das
Licht der Landschaft geht in die leuchtenden
Farben auf dem Papier ein und vibriert dort als gleißendes
Orange, schillerndes Violett oder
tiefes Gelb. Doch die Landschaft kehrt nicht als Abbild
aufs Papier ein. Es bleiben, ob als Video-
still oder Aquarell Bilder, die Farben und Formen der
Landschaft auf den Malgrund destillieren.
Und eine eigene Sprache sprechen, die jedoch ihre Vorläufer
im Schaffen der Malerin und
Videokünstlerin hat.
Schon einmal bestimmten die aufgeklebten, den Bildraum
strukturierenden,
Papierstücke die Malerei. Damals vor vier Jahren
hatten sie der an der ehemaligen Fachhochschule
des Saarlandes ausgebildeten Grafikdesignerin und Absolventin
der Hochschule der Bildenden
Künste Saar den Weg aus dem festgefügten Bildraum
in die Weite, das Draußen gewiesen.
Dieses Spielmaterial der Leichtigkeit des Schaffens gehörte
wie selbstverständlich auch bei den
italienischen Aquarellen ins Bild. Die Schnipsel waren
oftmals das Erste, was auf dem Papier lag.
Sie konnten hin- und hergeschoben werden und waren leicht
zu entfernen:
Katalysatorengleich stifteten sie mitunter den Malprozess
an und waren zugleich der Gewinn
aus einem genußvollen Zerstören von grafischen
Spitzenprodukten der Werbung in Hoch-
glanzmagazinen. Mit leichter Hand zerreißen, was
anderen herzustellen Mühe machte um sich die
für einen besten Formen, Farben und grafischen Elemente
herauszupicken wie die Rosinen aus
einem Guglhupf. Die Technik der Collage erweist sich
dabei als Mittel der Distanz wie der
Zerstörung als auch als Möglichkeit, daraus
etwas Neues entstehen zu lassen. Aus diesen Fetzen
und Resten des einstmals Perfekten wurde für sie
der Stoff, der übers Blatt gestreut oder gelegt
die Assoziation der Landschaft in sich trug. Die aufgeschossenen
Zypressen, die im Licht wirbeln-
den Staubpartikel kehren im Bildraum wieder: Als entfernte
Verwandte ihres Abbildes und aufge-
laden mit der Kraft der Assoziationen. Das ist die Freiheit,
die sich Sabine Loos nahm und die ihr
das sommerlich heiße Olevano, 571 über dem
Meerespiegel gelegen, bot.
Gestalten zu können und des Zwangs ledig zu sein,
den Malgrund komplett ausfüllen zu müssen.
Die Farben und Formen wurden leicht, als schwebten sie
auf einem heißen Luftstrom, der einen
tragen, aber auch niederdrücken kann. Zweifellos
das Erste war es für Sabine Loos.
Licht und Farbe, die Wahrzeichen der Landschaft um Olevano
kehrten in die Videostills und
die Aquarelle ein. Die Gestalten, die Dinge lösten
sich in der Helle auf, so dass ihre Assoziation
durch Farben und Bewegung blieb.
Keine Abbilder der Landschaft, sondern ihre Essenz,
ihre Atmosphäre. Bilder eben.
Eröffnung der Ausstellung am 19. Mai 2001 zwischen
15 und 18 Uhr
in der Kleinen Galerie am Hügel, Agi Wegener, Heuwiestraße
27, 66399 Bliesmengen-Bolchen.
Ausstellung bis 16. Juni. Öffnungszeiten: Freitag
und Samstag von 14 bis 18 Uhr
sowie nach Vereinbarung: 0 68 04/62 62.
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