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"Farbecht 2"-
Fünf malerische
Positionen
Malerei von Friederike Bauer, Sabine Loos, Andrea Neumann, Dirk Rausch und
Sabrina Sperl
Ausstellung im Internationalen
Begegnungs- und Forschungszentrum für Informatik, Schloss Dagstuhl, September
2005
Eine Ausstellungseinführung von Dr.
Petra Wilhelmy (Auszug)
"FARBECHT – so lautet der Titel dieser
Ausstellung aktueller, vornehmlich in den Jahren 2004 und 2005 entstandener
Malerei von vier im Saarland lebenden und arbeitenden Künstlerinnen und einem
Künstler, die im September 2004 mit einer weiteren weiblichen Verstärkung,
Monika Bohr, in der Deutschen Bundesbank in Mainz in reduziertem Umfang bereits
gezeigt worden ist. Es handelt sich nicht um eine programmatische
Gruppenausstellung, in der die beteiligten Künstler gemeinsame neue Ziele und
Bildvorstellungen einem breiteren Publikum vorstellen wollen. Vielmehr zeigen
fünf autonome Künstler/Innen Beispiele ihres aktuellen Schaffens, denen eines
gemeinsam ist: der Gebrauch der Farbe, das Medium Malerei. Klar, dass Malerei
mit Farbe zu tun hat, was aber könnte der Ausstellungstitel FARBECHT bedeuten?
Hausfrauen fällt bei dieser Bezeichnung gewiss die Eignung eines farbigen
Kleidungsstückes für das Waschen in der Maschine ein. Bei einem farbechten Teil
übersteht die Farbe auch die Belastungsprobe des Waschvorgangs, sie wäscht sich
nicht heraus, nutzt sich nicht merklich ab, verblasst nicht auffallend, büßt
nichts von ihrer Kraft ein. Die Farbe taugt etwas, erweist sich als wesentliches
Charakteristikum des Trägermaterials. Ein schönes rotes Hemd ist halt eben wegen
dieses besonderen Rot so wertvoll, in ausgewaschenem Zustand wirkt es weit
weniger attraktiv.
Überträgt man die genannten Merkmale auf die
Malerei, so wird klar, dass auch hier ein sehr hoher Anspruch gemeint sein muss.
Wie die Farbe des Hemdes dem Waschen standhalten muss, so müssen die
ausgestellten Gemälde den prüfenden Blick des kritischen Betrachters ertragen
können. Bewahren die Bilder auch bei wiederholten Prüfungen ihre Kraft und
Faszination, oder verlieren sie von Mal zu Mal an Ansehen (im doppelten
Wortsinn)? Und welche Rolle spielt die Farbe in den Arbeiten der fünf
Künstler/innen überhaupt? Wie wird die Farbe jeweils verwendet und als
künstlerisches Mittel eingesetzt? Diesen Fragen werde ich im folgenden
intensiver nachgehen.
Interessant ist, dass die zwischen 1962 und 1975 geborenen jungen Künstlerinnen
und Künstler, die während der 90er Jahre an der HBKsaar Malerei studierten, in
ihrer Kunst zu eigenwertigen Lösungen gefunden haben. Davon können Sie sich,
meine Damen und Herren, hier und heute im unmittelbaren Vergleich der Exponate
überzeugen. Das Malen, die Verwendung und der Einsatz von Farbe zur Realisierung
von Bildideen und persönlichen Vorstellungen und Sichtweisen ist ja, sofern die
Künstler nicht allzu doktrinär einer bestimmten Schule verpflichtet sind, ein
sehr subjektiver, individueller Prozess. Es gibt letztendlich so viele Methoden
wie es Künstler gibt. Die künstlerischen Grundprinzipien lassen sich nur mittels
genauester phänomenologischer Analyse der Relationen zwischen den bildnerischen
Gestaltungselementen Farbe, Form, Linie, Fläche, Bildraum und Bildlicht
erkennen. Die Konzentration auf ein einziges Gestaltungsmittel - in unserem Fall
allein die Farbe - ist unzureichend und greift zwangsläufig zu kurz, um die
jeweilige Bildintention zu erfassen." " ..."
"Auch in der Malerei von Sabine Loos
finden wir Assoziationen an Landschaftliches, vor allem in den kleineren
Arbeiten, die die Künstlerin unter dem Titel <Nachtmeerfahrt> zusammengefasst
hat. Wie bei Friederike Bauer suggeriert die vom Bildrand überschnittene
Streifenbildung eine landschaftliche Gliederung in Zonen, die Farbe jedoch wird
deutlich eigenwertiger eingesetzt. Formale Strukturen und deren Verflechtung zu
Mustern spielen eine entscheidende Rolle, auch die Materialität der Farbe wird
hervorgehoben, indem sich die Farbe stellenweise geradezu plastisch vorwölbt
oder von tiefer liegenden, eingravierten Linien durchzogen wird und so wie
geriffelt erscheint. Dominiert in den Bildern zur <Nachtmeerfahrt> ein dunkles
Violett mit dazu komplementären hellgelben Akzenten, die Lichtreflexe im
nächtlichen Umfeld andeuten könnten, so entfalten andere der hier ausgestellten
Bilder in hellen Rosa-, Zartlila- und Weißlichtönen eine freundlichere, beinahe
heitere Wirkung. Allen Arbeiten von Sabine Loos ist eine komplexe Vernetzung
diverser Strukturen eigen. Die Künstlerin setzt zeichenhafte Lineamente mit
Wachsmalkreide auf den Bildgrund und lässt sie durch die darüber gemalte
Farbschicht durchscheinen, oder sie rollt sie mit einem farbgetränkten Ball zu
Linienknäueln mit brüchiger, stofflicher Struktur auf die Farbfläche auf. Der
Farbauftrag der gemalten Felder und Flächen kann von gleichmäßig dünn bis pastos
variieren. Mit Hilfe von Linolschnitten aufgedruckte Farbmuster oder
Collageteile von Linoldrucken bzw. anderen gedruckten Elementen erweitern das
Repertoire angewandter künstlerischer Techniken zu einem Konglomerat farbiger,
eng verzahnter Bildstrukturen. In den mehrteiligen Arbeiten wie im Beispiel <Gib
8> greifen diese Strukturen stellenweise über die Grenzen der Bildfelder auf die
benachbarte Leinwand und verbinden diese so zu einem zusammengehörigen Ganzen."
"..."
"Dieser kurze Versuch, die wesentlichen Merkmale
der Malerei von Friederike Bauer, Sabine Loos, Dirk Rausch, Sabrina Sperl und
Andrea Neumann für Sie möglichst nachvollziehbar herauszuarbeiten und dabei
aufzuzeigen, wie verschieden, wie individuell sich die einzelnen künstlerischen
Positionen darstellen, konnte Sie hoffentlich davon überzeugen, wie „farbecht“
die Malerei dieser Ausstellung wirklich ist. Ich bin sicher, dass Sie Ihrem
prüfenden Blick souverän standhalten wird."
Dr. Petra Wilhelmy
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